Geologie
1. Kleine Reise durch die regionale Erdgeschichte
Steil aufragende, rötlich leuchtende Felswände beiderseits des Flusses prägen das Maintal im südlichen Spessart und südöstlichen Odenwald. Sie sind keine natürlichen Gebilde, sondern Reste ehemaliger Steinbrüche. Die hier gebrochenen Sandsteine wurden einst weit über die Region hinaus sehr geschätzt. Entstanden sind diese Gesteine zu Beginn der Trias-Zeit in der Epoche des Buntsandsteins.
Geologische Karte der Region
Quelle: Jürgen Jung, Spessart-GIS / Archäologisches Spessart-Projekt, 2020
Geologische Karten stellen die an der Erdoberfläche vorkommenden Gesteine und deren zeitliche Zuordnung dar. Die obige, vereinfachte Karte zeigt, dass die Gesteine aus der Zeit des Buntsandsteins in der Region weit verbreitet sind.
Quellen: Illustrationen aus dem Buch "Fossilien - bergen, präparieren, ausstellen" (1986) von Gerhard Lichter. Ausgestorbener Dinosaurier: iStock, Der Mensch erscheint: iStock. Zeitangaben auf der Grundlage der Stratigraphischen Tabelle von Deutschland 2016
Buntsandstein
Die Bezeichnung „Buntsandstein“ ist eine geologische Zeitangabe und kennzeichnet kein konkretes Gestein. Diese Epoche begann vor etwa 252,5 Millionen Jahren und dauerte etwa 6,3 Millionen Jahre. Während dieser Zeit erstreckte sich in Mitteleuropa ein Tiefland, das von Gebirgen umgeben war. Es wird in der Erdgeschichte als Germanisches Becken bezeichnet.
Man geht heute davon aus, dass zu jener Zeit ein Klima mit monsunartigen Starkregen in bestimmten Jahreszeiten herrschte. Auszuschließen ist ein allgemein trockenes Klima.
Geologische Vorgänge
Quelle: Gemeinde Collenberg, Autor: Jürgen Lüders
Während der Erdgeschichte änderte sich das Gesicht der Erde ständig. Das in der Epoche des Buntsandsteins herrschende Klima und die Schwerkraft lösten an der Erdoberfläche geologische Prozesse aus (siehe Grafik): Das Germanische Becken war von ausgedehnten, sich ständig verlagernden Fluss-Systemen durchzogen, die verwittertes und abgetragenes Gesteinsmaterial aus den umliegenden Gebirgen in das sich absenkende Becken transportieren. Dort wurde es in Form von Sedimenten abgelagert – diese Sedimente sind somit auf dem Festland und nicht im Meer entstanden. Aus ihnen bildeten sich im Laufe der Zeit die festen Gesteine des Buntsandsteins (Details siehe Kapitel 2).
Muschelkalk bis Jura
In der Folgezeit senkte sich die Erdoberfläche und das Meer breitete sich aus. In ihm wurden die Sedimente des Buntsandsteins mit Meeresablagerungen überdeckt. Ursprünglich befanden sich in der Region Sedimente mit einer Mächtigkeit von 1.500 bis 2.000 Metern, von denen allein die Ablagerungen des Buntsandsteins 500 bis 600 Meter ausmachten.
Kreide und Tertiär
Spätestens in der Kreide-Zeit begann sich die Erdoberfläche zu heben, so dass sich das Meer zurückzog und das Gebiet des heutigen Spessarts und Odenwaldes zum Festland wurde. Das bis zum Ende der Tertiär-Zeit herrschende tropische Klima führte dann zu einer intensiven Verwitterung und Abtragung der Gesteine. Dadurch verschwand wieder ein Großteil der in der Vergangenheit entstandenen Sedimentgesteine, so dass heute in der Region vorwiegend Gesteine des Buntsandsteins an der Erdoberfläche vorkommen.
Quartär / Pleistozän (Eiszeitalter)
Im Pleistozän, in dem sich mehrere Kalt- und Warmzeiten abwechselten, bildete sich durch Erosion das heutige Maintal (Details siehe Kapitel 3).
Während dieser Zeit entstand auch Löß. Dabei handelt es sich um ein feines (Staub-) Sediment, das in der Region vom Wind vielerorts abgelagert wurde. Im Spessart besitzen die Löß-Sedimente eine Mächtigkeit von bis zu 15 Metern (siehe Kapitel 1, Geologische Karte).
Damit endet unsere kleine Reise durch die regionale Erdgeschichte.
2. Aus locker wird fest – Sedimentgesteine entstehen
Auch wenn der Name einen anderen Eindruck erweckt – in der Zeit des Buntsandsteins entstanden nicht nur sandige Sedimente.
Die Sedimente waren bei der Ablagerung zunächst locker. Erst im Laufe der Zeit verfestigten sie sich und wurden zu harten Sedimentgesteinen, die sich vor allem in der Korngröße (Größe der einzelnen Gesteinsteilchen) unterscheiden.
2.1 Korngrößen von lockeren Sedimenten und festen Sedimentgesteinen
Für die Korngröße der Sedimente war die Fließgeschwindigkeit der transportierenden Flüsse der entscheidende Faktor:
Mit steigender Fließgeschwindigkeit wuchs auch die Korngröße der sich ablagernden Sedimente (sandige Sedimente, Gerölle). Tonige Sedimente mit sehr kleinen Korngrößen bildeten sich vor allem nach Überflutungen bei geringen Fließgeschwindigkeiten oder in stehenden Gewässern.
So entstanden verschiedene, zunächst lockere Sedimente.
Erst mit der Zeit verfestigten sich diese zu Sedimentgesteinen. Dabei spielten verschiedene Faktoren eine Rolle:
- Ein wichtiger Faktor war die Erhöhung des Druckes durch darüber liegende Schichten, die die lockeren Sedimente zusammendrückten.
- Ein weiterer Faktor bei sandigen Sedimenten und Geröllen stellt die Bildung von Bindemitteln in den Hohlräumen zwischen den einzelnen Gesteinsteilchen dar. Folgende Bindemittel sind möglich: Quarz (entspricht chemisch dem Siliziumdioxid; in diesem Fall spricht man von Verkieselung), rote und braune Eisenverbindungen (z.B. Eisenoxide), Tone oder ganz selten Carbonate (z.B. Kalk).
Lockere Buntsandstein-Sedimente bedeckten zur Zeit ihrer Ablagerung den größten Teil Deutschlands. Heute treten sie als festes Gestein nur noch auf etwa 10 Prozent der Gesamtfläche unmittelbar zutage.
Grafik: Hausgrafik, Darmstadt, Autor: Jürgen Lüders
Die Korngrößenverteilung in den Sedimentgesteinen ist fließend, das heißt zum Beispiel, dass ein Geröllsandstein auch Grobsand enthalten kann.
Die Nummern in der Tabelle beziehen sich auf die Gesteinsproben, die in der Ausstellung präsentiert werden (Gesteins-Station).
2.2 Regionale Sandsteine und wie sie genutzt wurden und werden
Von den verschiedenen Sedimentgesteinen, die in der Region entstanden, wurden und werden nur die Sandsteine genutzt.
Miltenberger Sandstein
Aus dem Unteren Buntsandstein
Der Miltenberger Sandstein – ein Begriff, der noch in der älteren, regionalen geologischen Literatur auftaucht – entspricht heute dem Dickbank-Sandstein und Basissandstein.
- Körnung: Fein- und Mittelsand
- Färbung: rotbraun bis blassrot (bedingt durch Eisenoxide, die die Sandkörner als dünne Schicht umgeben);
typisch sind gebleichte, gelbbraune bis hellgraue Streifen (Flammung) - Bindemittel: Tone und Eisenoxide
- Mächtigkeit: Bei einer Forschungsbohrung in Neuenbuch nördlich von Stadtprozelten wurde im Jahr 2014 eine Mächtigkeit des Dickbank-Sandsteins von 87,8 Metern und des Basissandsteins von 15,8 Metern festgestellt.
Foto: Peter Mayer
Der Miltenberger Sandstein ist in der Region in zahlreichen Steinbrüchen aufgeschlossen. Das Zentrum seines Abbaus lag zwischen Miltenberg und Stadtprozelten. Heute sind noch Steinbrüche am nördlichen Stadtrand von Miltenberg und bei Kirschfurt in Betrieb.
Felssandstein
Aus dem Mittleren Buntsandstein
- Körnung: Mittelsand
- Färbung: violettbraun bis rotbraun
- Bindemittel: Quarz, darum sehr hart
- Mächtigkeit: 15 bis 25 Meter
Foto: Peter Mayer
Der Felssandstein wurde wegen seiner Härte in früheren Zeiten zum Beispiel für Mühlsteine und Pflastersteine genutzt und galt bei den Steinmetzen als „Werkzeugfresser“. Heute spielt er bei der Sandsteinnutzung keine größere Rolle mehr.
Der harte Felssandstein ist sehr widerstandsfähig gegenüber Verwitterung. Aufgrund dessen reicherte er sich während des Pleistozäns an der Erdoberfläche in Form von Blockfeldern an (Blöcke sind große Gesteinsbrocken). Weichere Gesteine dagegen verwitterten und wurden abgetragen. Blockfelder kommen zum Beispiel an den Berghängen zwischen Collenberg und Großheubach sowie bei Faulbach vor. Aber auch im Odenwald bei Bürgstadt und Miltenberg sind sie verbreitet, wo sie zur Errichtung der dortigen Ringwälle verwendet wurden.
Plattensandstein
Aus dem Oberen Buntsandstein
- Körnung: Feinsand
- Färbung: braunrot bis blassviolett
- Bindemittel: Tone
- Mächtigkeit: 25 bis 30 Meter
Foto: Firma Zeller, Steinbruch in Dietenhan
Auch der Plattensandstein war einst ein begehrtes Gestein, das in vielen, meist kleinen Steinbrüchen abgebaut wurde. Im Gegensatz zum Miltenberger Sandstein lagen die Steinbrüche des Plattensandsteins nicht in Mainnähe, so dass der Abtransport der Steine aufwändig war. Heute sind noch Steinbrüche in Dietenhan östlich von Wertheim (im Kembachtal) und im Odenwald bei Ebenheid und Eichenbühl in Betrieb.
Mainsandsteine
Der Name Mainsandstein bezeichnet einen Handelsnamen. Zu unterscheiden sind rote und weiße Mainsandsteine:
- Rote Mainsandsteine: Sie stehen im Mittelpunkt der Ausstellung und umfassen den hiesigen Miltenberger Sandstein und Plattensandstein aus der Buntsandstein-Zeit (siehe oben).
- Weiße Mainsandsteine: Dabei handelt es sich um Sandsteine aus den südlichen Haßbergen und dem nördlichen Steigerwald (Region nordwestlich von Bamberg). Entstanden sind diese weißen Sandsteine während der Keuper-Zeit (siehe Erdgeschichtliche Zeittafel).
Wie das große, achteckige Grabmal in der Ausstellung zeigt, wurden beide Sandsteinarten von den Steinmetzen auch kombiniert: Es besteht aus weißem Sandstein mit rotem Sockel; seine Höhe beträgt rund dreieinhalb Meter.
Sandsteinbrüche in der Region – früher und heute
Grafik: Hausgrafik, Darmstadt, Autor: Peter Mayer
3. Prallhänge und Gleithänge – Das Maintal steht
Der Blick von der Freudenburg in Richtung Kirschfurt macht deutlich, dass die Talhänge des Mains unterschiedliches Gefälle besitzen. Unterhalb der Burg erstreckt sich am Fuß des steilen Talhangs die Altstadt von Freudenberg, eingeengt zwischen Fluss und Hangfuß. Ihr gegenüber auf der anderen Seite des Mains steigt das Gelände im Bereich von Kirschfurt sanft an. Dieser Wechsel von steilen und flachen Uferpartien – also von Prall- und Gleithängen – vollzieht sich entlang des Mains mehrmals. Entstanden ist diese Talform während des Pleistozäns.
Der verwinkelte Verlauf des Mains ist das Ergebnis einer sehr komplizierten Flussgeschichte, die bereits im Tertiär begann. Bis zum Beginn des Pleistozäns (Eiszeitalters) hatte sich jedoch der noch heute vorhandene Flussverlauf weitgehend entwickelt. Während des Pleistozäns erfolgte die eigentliche Talbildung des Mains. Durch Erosion schnitt er sich in die Schichten des Buntsandsteins ein und hinterließ ein relativ schmales Tal.
Durch seinen geschlängelten Lauf bildeten sich im Bereich von Flusswindungen immer wieder steile Prall- und flachere Gleithänge, die sich stets gegenüberliegen.
An den Gleithängen lagerten sich mächtige sandig-kiesige Fluss-Sedimente ab (Innenseiten der Windungen). Die Prallhänge dagegen sind durch die seitliche Erosion des Flusses sehr steil (Außenseiten der Windungen) und es bildeten sich an ihrer Basis kaum Sedimente. Der Uferstreifen ist hier besonders schmal.
Diese unterschiedlichen Geländeneigungen hatten großen Einfluss auf die Nutzung der Landschaft. Vorrangig an den Prallhängen in unmittelbarer Nähe zum Main entstanden die großen Sandsteinbrüche, weil hier die begehrten Miltenberger Sandsteine besonders gut aufgeschlossen waren und der kostengünstige Abtransport der Erzeugnisse über den Fluss gewährleistet war.
Quelle: Grafik verändert nach G. Wagner: Einführung in die Erd- und Landschaftsgeschichte mit besonderer Berücksichtigung Süddeutschlands, 1960
Literatur
Bayerisches Landesamt für Umwelt (2013): Geotope in Unterfranken
Okrusch, M., Geyer, G., Lorenz, J. (2011): Spessart – Geologische Entwicklung und Struktur, Gesteine und Minerale (Sammlung geologischer Führer)
J. Lorenz (2010): Spessartsteine: Spessartin, Spessartit und Buntsandstein – eine umfassende Geologie und Mineralogie des Spessarts
Murawski, H., Meyer, W. (2010): Geologisches Wörterbuch