GESCHICHTEN

 

Transport von den Werkplätzen zu den Verwendungsstellen

Mit Ausnahme der Steinbrüche in den Seitentälern entlang des Mains (Dietenhan, Wüstenzell), lag die Mehrzahl der Werkplätze direkt am Steinbruch oder davon abgelöst in Ortsnähe, jeweils unmittelbar in Ufernähe des Mains.

Für die Verwendung in den Orten selbst und in den benachbarten Orten, wurden die bearbeiteten Steine und Werkstücke mit Pferde- oder Ochsengespannen zu den Verwendungsstellen transportiert. Gespanne wurden auch eingesetzt, um aus den nicht am Main gelegenen Brüchen das Material zum Weitertransport an den Main zu bringen.

 

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transport02Quelle: Archiv Fa. Winterhelt

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Unfall durch Radbruch 1907. Quelle: Archiv Fa. Zeller

Ideale Bedingungen für größere Entfernungen bot der Transport über den Main, den auch schon die Römer genutzt haben dürften, um ihre Kastelle am Mainlimes zu beliefern.

Nachgewiesen ist der Abbau des Buntsandsteins am Main definitiv aber für das 16. Jahrhundert. Und da bot der Main für größere Entfernungen und voluminösere und schwerere Werkstücke fast ideale Bedingungen. Die geologischen Voraussetzungen durch die unmittelbare Nähe der Steinbrüche an den Prallhängen und die meist direkt am Mainufer gelegenen Werkplätze, machten den Main zum idealen und „nahe liegenden“ Transportweg.

 

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 In der Jagdgrenzgeleitkarte von 1612 ist der Steinbruch in der „Grüben“ mit vielen realistischen Details dargestellt. Quelle: Bayerisches Hauptstaatsarchiv München.

Am Übergang vom 19. zum 20. Jahrhundert war die Schifffahrt vor und überwiegend auf den Transport von behauenen Steinen und vielen meisterlichen Bildhauerarbeiten eingestellt. In jener Zeit wurde hier nicht nur Sandstein vom Untermain verarbeitet, es kamen auch Steine aus dem Obermain, Muschelkalk aus der Gegend um Ochsenfurt und Marktbreit, grüne, gelbe und weiße Steine aus der ‚Gegend von Eltmann und Zeil. Diese Steine kamen mit dem Schiff hierher, wurden entladen, bearbeitet und gingen mit Schiffen weiter stromabwärts zu ihren Bestimmungsorten. Bereits 1910 standen zum Beispiel an den Steinmetzwerkplätzen in Reistenhausen vier Hebevorrichtungen (1 Kran und 3 Spriete) zum Verladen bereit. Quelle: Heimatbuch Reistenhausen mit Kirschfurt von Robert Bauer

 

Verladekran der Fa. Winterhelt in Fechenbach 1938. Quelle: Abiturarbeit Helmstetter B.
verladekran fechenbach
Steine und Werkstücke konnten dann mainabwärts nach Aschaffenburg und Frankfurt, sowie darüber hinaus zum Rhein und da bis zu den Metropolen Mainz und Wiesbaden, also in den Einflussbereich der in unserer Region dominanten Kurfürsten transportiert werden.

Einem Tagebuch von Paul Stefan Söller, einem Schiffer aus Reistenhausen, ist zu entnehmen, dass dieser bereits 1848 ca. 29 Steinreisen gut zu Ende bringen konnte und allein aus Miltenberg wurden laut L. Söller (1925, S. 20) im Jahr 1869 ca. 81.500 Tonnen Material per Schiff transportiert.

Belegt ist der Transport von Sandstein-Werkstücken vom Bruch in Dietenhan auf dem Wasserweg via Main, Rhein und den Seeweg zum Winterpalais des Zaren in St. Petersburg durch die Fa. Winterhelt im Jahre 1914.

 

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Verladung für St. Petersburg in Frankfurt 1914. Quelle: Archiv Fa. Winterhelt

 

1. Geschichte der Schifffahrt auf dem Main

Seit Jahrhunderten ist der Main (von den Kelten „Moin = gekrümmte Schlange“ genannt) ein wichtiger Verkehrsweg. Von seiner Gesamtlänge von 524 km sind 396 km schiffbar. Viele Orte entstanden an seinen Ufern, bereits Kelten und Germanen nutzen vielfältig den Fluss. Schon während der Karolingerzeit (ab ca. 750) wurde die Notwendigkeit gesehen, den Main mit dem Donaugebiet zu verbinden. Deshalb wurde mit dem Karlsgraben erstmals eine schiffbare Verbindung zwischen den beiden Flüssen hergestellt. Während des Römischen Reiches diente der Unterlauf des Maines ab Miltenberg sogar als „Nasser Limes“, als Grenze.

Im 12. Jahrhundert gab es schon Personen- und Gütertransporte, im Mittelalter wurde Holz geflößt, z.B. ins Ruhrgebiet, aber auch für den Schiffsbau nach Holland. Wegen Hoch- oder Niedrigwasser, Sandbänken, Problemen mit den Mainmüllern und bis zu 32 Zollstationen entlang des Flusses konnte der Main zeitweise immer wieder nicht befahren werden und vieles erschwerte die Arbeit der Schiffer.

 

1.1 Treidelwege und Leinreiter

Im Mittelalter konnten Schiffe flussabwärts bereits bis zu 20 t Ladung transportieren und dabei pro Tag eine Strecke von 100 km zurücklegen. Flussaufwärts jedoch musste getreidelt werden.

Treidler waren Leinreiter, welche die Schiffe an einer ca. 80 Meter langen Leine mittels eines Pferdegespanns stromaufwärts zogen, stromabwärts ging es angetrieben durch Wind und Strömung. Das Schleppseil war üblicherweise an Mast und Bug des Lastschiffes und am Zugscheit des Pferdegespanns befestigt. Je nach Größe und Last des Kahns waren zwischen einem und sechs Zugpferde nötig. Das Schiff wurde von einem Steuermann hinten und einem Schiffer mit einem Schorbaum am Bug des Schiffes gesteuert, dieser musste das Schiff vom Ufer fernhalten. Das Treideln war für Mensch und Tier eine schwere Arbeit und man schaffte so etwa 30 km am Tag. Nachts durfte nicht getreidelt werden, die Schiffsleute mussten an Bord bleiben.

Mit der Erfindung des Raddampfers und der Einrichtung der Kettenschifffahrt kam das Ende der Schiffsreiter. Einige Treidelpfade, bei uns auch Leinritt genannt, sind jedoch noch heute erhalten. Heute haben Radler, Wanderer und Jogger die Treidler abgelöst.

 

transport04Treidelzug vor Klingenberg. Quelle: Wikipedia, gemeinfrei

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Geleitkarte von 1593 vor Kirschfurt. Quelle: Bayerisches Hauptstaatsarchiv München.

 

1.2 Entwicklung der Schifffahrt am Beispiel Reistenhausen (nach Hugo Wild, 1887-1964)

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden die Steine ausnahmslos auf dem Wasserweg transportiert, und zwar stromabwärts nach Aschaffenburg, Hanau, Frankfurt, Mainz und noch weiter. So waren es um 1900 in Reistenhausen schon 16 kleine Schiffe mit einer Größe von 600-800 Zentnern, die zum Transport der behauenen Steine verwendet wurden. Diese fassten die Arbeit der Steinmetzbetriebe von einer Woche und wurden oft Samstagabend voll beladen, sodass die fertigen Steine über Sonntag soweit als möglich an ihren Bestimmungsort gebracht werden konnten. In Frankfurt standen damals bereits unterhalb des „Eisernen Steges“ vier kleine Handkrane bereit, die Schiffe zu entladen.

In der Zeit von November bis März ruhte die Schifffahrt weitgehend, die Schiffe mussten in ihrem Heimathafen überwintern.

 

1.3 Kettenschifffahrt

Von etwa 1880 bis 1937 war die Kettenschifffahrt auf dem Main eine besondere Art des Schiffstransports.

Bereits 1895 erreichte das erste Kettenboot den Werkplatz von Venantius Arnold in Reistenhausen und wurde dort gebührend von der Musikkapelle empfangen.

Diese Kettenschleppschiffe zogen sich mit mehreren angehängten Schleppkähnen an einer im Fluss verlegten Kette stromaufwärts. Sie beherrschten den Main bis zum Beginn des Baues der Staustufen oberhalb von Aschaffenburg im Jahre 1926. Aber bereits vor und während des ersten Weltkrieges wurde mit Dampfbooten, Schraubendampfern und ähnlichem versucht, die Kettenboote abzulösen. All diese Versuche scheiterten letztlich daran, dass die geringe Wasserführung des Mains während der längsten Zeit des Jahres ein gewaltiges Hindernis darstellte.

Der Kettenschleppverband hatte an schwierigen Flußstellen Vorrang vor anderen Schiffen. Diese mussten den Schleppverband durchlassen. Zur Warnung gaben die Kettenschiffe schon lange vorher ein lautes Pfeifsignal ab. Passierte ein Schleppverband den Heimathafen des Kettenschleppers oder eines der Schleppkähne, wurden ebenfalls Signale gegeben. Die Familien der Schiffer wussten so von der Ankunft und konnten über kleine Boote, den sogenannten Nachen, Proviant, Kleidung und Neuigkeiten überbringen. Das Tuten der Kettenschleppschiffe, das sich wie lautes Muhen anhörte, und die laut rasselnden Ketten – wie in einem Kuhstall - führten landläufig zu der Bezeichnung Mainkuh oder je nach Dialekt und Aussprache auch zu unterfränkischem Määkuh, Meekuh, in Frankfurter und in Collenberg Maakuh.

1937 fand die letzte Kettenschleppschifffahrt statt, im Sommer 1938 wurde die Kette aus dem Main entfernt. Die Schraubenschlepper hatten sich gegenüber den Schleppverbänden an der Kette durchgesetzt.

 

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Schlepperverband in Würzburg. Quelle: Wikipedia, gemeinfrei.

transport07Kettenschlepperschiff "Mainkuh" vor Fechenbach. Quelle: Förderverein Collenberg.

 

 1.4 Schaufelraddampfer und Schraubenschlepper

Quelle: Wikipedia gemeinfrei
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Auf dem Main fuhren ab Mitte des 19. Jahrhunderts auch die ersten Raddampfer, allerdings nur für den Personenverkehr. Die Raddampfer konnten sich jedoch aufgrund schwieriger Rahmenbedingungen nicht durchsetzen und verloren mit Beginn des Bahnausbaus (Reistenhausen-Fechenbach 1906) um die Jahrhundertwende ihre Bedeutung. Es setzten sich dann die sowohl mit Dampfmaschine als auch schon mit Dieselmaschinen angetriebenen Schlepper durch.

Schraubenschlepper, sowohl mit Dampf- als auch mit Dieselantrieb, waren beweglichere und kleinere Schiffe als die Raddampfer und konnten ihre volle Antriebswirkung erst im vertieften Main voll zur Geltung bringen.

 

1.5 Mainausbau mit Staustufen

Parallel zur Einführung der Kettenschifffahrt wurde der Ausbau des Mains durch den Bau von Staustufen in mehreren Schritten flussaufwärts vorangetrieben.

1921 war mit der Eröffnung des Hafens Aschaffenburg der Abschnitt bis Aschaffenburg mit sechs Staustufen fertiggestellt. Im gleichen Jahr schlossen das Deutsche Reich und der Freistaat Bayern den Vertrag über die Ausführung der Main-Donau-Wasserstraße zwischen Aschaffenburg und der deutschen Grenze unterhalb Passau als Großschifffahrtsstraße für Schiffe bis zu 1500 t Tragfähigkeit.

Bis 1941 waren bis Würzburg weitere 13 Staustufen gebaut und der Hafen Würzburg ging in Betrieb. 1950 begann der Ausbau des Mains zwischen Würzburg und Bamberg mit 14 Staustufen. Am 25. September 1962 war zugleich mit dem Staatshafen Bamberg der Ausbau des Mains bis Bamberg vollendet.

Der Ausbau des Mains beseitigte die Hemmnisse des Schiffstransports durch Niedrigwasser und sorgte für einen bis heute anhaltenden Aufschwung des Transports über die Schifffahrtswasserstraße Main.

 

1.6 Transport mit der Bahn

Miltenberg wurde 1886 von Aschaffenburg aus an das Bahnnetz angeschlossen, 1906 reichte die Strecke bis Stadtprozelten und 1912 war Wertheim erreicht.

Für die Steinindustrie erwies sich der Bahnbau als Segen und Fluch gleichzeitig.
Sofern Verwendungsorte mit der Bahn abseits der Mainstrecke direkt erreicht werden konnten und somit der Umladetarif von Schiff zu Bahn entfiel, erwies sich der Transport insbesondere von Steinen als wirtschaftlich. Gewichtsbeschränkungen, mangelnde Rücksichtnahme auf empfindliche Oberflächen, steigende Tarife bei anwachsendem Umsatz und fehlende Waggonkapazitäten erwiesen sich als hinderlich. Direkte Auswirkungen hatte der Bau der Bahnstrecken deshalb, weil viele Brüche von der Werkplätzen abgeschnitten wurden und vom Sturzabbau in den Brüchen Gefahren für die Bahnstrecke ausgingen.

 

ERLEBNISWEG

Der Erlebnisweg entlang des Mains zwischen Spessart und Odenwald führt von Miltenberg über Bürgstadt, Collenberg, Dorfprozelten. Stadtprozelten bis nach Faulbach. Die landschaftsprägenden Steinbrüche machen, ebenso wie die Bau- Kunst- und Kulturdenkmäler in den Mainorten die Bedeutung des Sandsteins zum Erlebnis. Informationstafeln illustrieren und erläutern die von der Geologie über Abbau, Bearbeitung, Transport bis zu dem daraus Geschaffenen sich spannenden Themenfelder und erweitern durch den Wissenstransfer das Projekt des „Grünen Klassenzimmers“.

 

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